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Gewerbesteuer zu einer Gemeindewirtschaftsteuer weiterentwickeln und kommunale Wirtschaftskreisläufe fördern

Die Weiterentwicklung der Gewerbesteuer zu einer Gemeindewirtschaftsteuer und die Aufhebung der Beschränkungen für die wirttschaftliche Betätigung von Kommunen ist Gegenstand eines von der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag eingebrachten Antrages.

Die Weiterentwicklung der Gewerbesteuer zu einer Gemeindewirtschaftsteuer und die Aufhebung der Beschränkungen für die wirttschaftliche Betätigung von Kommunen ist Gegenstand eines von der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag eingebrachten Antrages.

Nach dem Antrag der Fraktion sollen künftig alle Einkunftsarten aus wirtschaftlicher Betätigung dieser Steuer unterliegen. Als Bemessungsgrundlage soll der Gewinn, erweitert um um Schuldzinsen, Finanzierungsanteile von Mieten, Pachten, Leasingraten und Lizenzgebühren besteuert werden. Für Kleinunternehmen soll ein Freibetrag von 30.000 Euro pro Jahr bestehen.

Außerdem will die antragstellende Fraktion erreichen, dass sich der Bund für die Aufhebung von Beschränkungen bei der wirtschaftlichen Betätigung von Kommunen einsetzt. Die Aufgaben der Daseinsvorsorge sollen künftig uneingeschränkt von Kommunen im Rahmen wirtschaftlicher Betätigung erfüllbar sein. Vorrangig sollen dabei die Eigen- und Regiebetrieb sowie Anstalten öffentlichen Rechts diese Aufgaben erfüllen dürfen.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Deutscher Bundestag
Drucksache 18/12365
16.05.2017

Antrag der Abgeordneten Kerstin Kassner, Susanna Karawanskij, Caren Lay, Klaus Ernst, Herbert Behrens, Karin Binder, Heidrun Bluhm, Eva Bulling-Schröter, Roland Claus, Jutta Krellmann, Sabine Leidig,Ralph Lenkert, Michael Leutert, Dr. Gesine Lötzsch, Thomas Lutze, Birgit Menz, Thomas Nord, Richard Pitterle, Michael Schlecht, Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Axel Troost, Hubertus Zdebel und der Fraktion DIE LINKE.

Gewerbesteuer zu einer Gemeindewirtschaftsteuer weiterentwickeln und kommunale Wirtschaftskreisläufe fördern

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Trotz vermehrter Steuereinnahmen sind viele Kommunen kaum in der Lage, eine bedarfsorientierte Erfüllung aller freiwilligen Aufgaben zu leisten und den kommunalen Investitionsstau abzubauen. Eine zunehmende strukturelle Überforderung vieler Kommunen zeigt sich nicht zuletzt in dem Anstieg der in Anspruch genommen Kassenkredite. Lagen diese 1992 noch bei 1,4  Milliarden Euro, waren es Anfang 2015 schon über 51 Milliarden Euro, wie die Kreditanstalt für  Wiederaufbau  2016  ermittelte. 2020 werden Kassenkredite von über 70 Milliarden Euro erwartet. Kassenkredite werden längst nicht mehr als kurzfristige Finanzierungshilfe genutzt, sondern sind zum Bestandteil der Finanzierung laufender Ausgaben geworden. Die Maßnahmen der Bundesregierung, um den Kommunen bei der Lösung dieser Probleme zu helfen, bleiben weiterhin hinter ihren Möglichkeiten zurück. Eine Möglichkeit, die Einnahmeseite der Kommunen zu verbessern, ist eine gezielte Förderung von wirtschaftlicher Betätigung durch den Abbau von Einschränkungen zu Gunsten der öffentlichen Hand und die Weiterentwicklung der Gewerbesteuer zu einer Gemeindewirtschaftsteuer.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Gewerbesteuer zu einer Gemeindewirtschaftsteuer weiterentwickelt und folgende Punkte beinhaltet:
a) Jede selbstständige wirtschaftliche Betätigung, die im Sinne des Einkommensteuergesetzes mit der Absicht Gewinn zu erzielen unternommen wird und sich als Betätigung im allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, mit Ausnahme der Land- und Forstwirtschaft, wird mit einbezogen.
b) Die Bemessungsgrundlage wird um Schuldzinsen, Finanzierungsanteile von Mieten, Pachten, Leasingraten und Lizenzgebühren, die in voller Höhe bei der Ermittlung der Steuerbasis berücksichtigt werden, erweitert.
c) Es werden angemessene Freibeträge für Selbstständige und Kleinunternehmen (etwa 30.000 €) angesetzt;

2. auf die Länder dahingehend einzuwirken, dass
a) die Einschränkungen der wirtschaftlichen Betätigung von Kommunen in den Kommunalverfassungen/Gemeinde- und Kreisordnungen zurückgenommen werden;
b) die Auftragsvergabe von Kommunen nach hohen sozialen und ökologischen Standards erfolgt;
c) zur Aufgabenerfüllung in der kommunalen Daseinsvorsorge eine Präferenz zugunsten kommunaler Unternehmen in die Kommunalverfassungen/Gemeinde- und Kreisordnungen festgeschrieben wird;
d) die  im  Gemeindewirtschaftsrecht zugunsten der privaten Unternehmen bestehenden Subsidiaritätsklauseln abgeschafft werden.

Begründung

Viele Kommunen in der Bundesrepublik Deutschland leiden unter einer chronischer Unterfinanzierung. Dies führt in beinahe allen Regionen des Landes dazu, dass etliche Kommunen die Verhältnisse vor Ort nicht mehr aktiv gestalten können. Ihre Handlungsfähigkeit ist stark eingeschränkt und oftmals wird nur noch der Mangel verwaltet. Einige Kommunen können nicht einmal mehr ihren pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben nachkommen.

Eine Vielzahl anderer Kommunen kann sich die Eigenanteile nicht leisten, um für nötige und allein kaum finanzierbare Investitionen Fördermittel zu bekommen. Darunter leidet vor allem die öffentliche Daseinsvorsorge, aber auch die wirtschaftliche Standortentwicklung. Dies hat zur Folge, dass ärmere Kommunen langfristig gesehen immer ärmer werden. Die Spaltung der kommunalen Familie in arm und reich wird dadurch massiv vorangetrieben. Der Investitionsstau in den Kommunen lag laut Angaben des Städte- und Gemeindebundes alleine 2016 bei 136 Milliarden Euro. In ärmeren Kommunen kann dieser nicht aufgehalten und in finanziell stärkeren Kommunen kaum abgebaut werden.

Städte, Gemeinden und Landkreise brauchen Stabilität und finanzielle Planungssicherheit, um all ihre Aufgaben wahrnehmen zu können. Eine nachhaltige Verbesserung der Situation der Kommunalfinanzen lässt sich nur erreichen, wenn ihre Gesamteinnahmen erhöht werden. Dazu müssen sie u.a. in die Situation gebracht werden, ihre Einnahmeseite selbständig zu verbessern, um unabhängiger zu sein. Die derzeit wichtigste kommunale Steuereinnahmequelle ist die Gewerbesteuer. Sie bildet ein Band zwischen den Städten und Gemeinden und der vor Ort  ansässigen  Wirtschaft. Städte und Gemeinden schaffen die notwendige Infrastruktur und unterstützen sowie kümmern sich um die Ansiedlung von Unternehmen. Die Gewerbesteuer muss jedoch zu einer Gemeindewirtschaftsteuer weiterentwickelt werden, um als originäre Kommunalsteuer die Einnahmeseite der Kommunen zu verbessern. Dafür muss die Bemessungsgrundlage erweitert und freie Berufe, wie vom Deutschen Städte- und Gemeindebund gefordert, mit einbezogen werden.

Kommunale Unternehmen sowie deren Gründungen sollen außerdem vornehmlich in Organisationsformen des öffentlichen Rechts (Regiebetriebe, Eigenbetriebe, Anstalten öffentlichen Rechts) organisiert werden. Vorhandene Einschränkungen müssen abgebaut, interkommunale Zusammenarbeit zum Vorbild und im Bereich der kommunalen Daseinsvorsorge eine Präferenz zugunsten der öffentlichen Hand in den Kreis- und Gemeindeordnungen erreicht werden. Soziale und ökologische Kriterien müssen für kommunale Unternehmen selbstverständlich werden, auch um den Vorbildcharakter und ihre Akzeptanz weiter zu erhöhen. Im Gemeindewirtschaftsrecht sollen die bestehenden Subsidiaritätsklauseln zugunsten privater Unternehmen abgeschafft werden. Diese Maßnahmen fördern nicht nur regionale Wirtschaftskreisläufe und schaffen Arbeitsplätze in den Kommunen, sie sorgen auch dafür, das vor Ort erwirtschaftetes Geld nicht abfließen, sondern vor Ort den Bürgerinnen und Bürgern zu Gute kommen kann. Dies stärkt in vielerlei Hinsicht die Einnahmeseite der Kommunen. Zudem vergeben kommunale Betriebe in öffentlicher Hand Aufträge eher an Unternehmen in der Region. Damit profitiert auch die private Wirtschaft vor Ort.