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Kinderförderungsgesetz - Eine unendliche Geschichte

Am 21. November 2017  urteilte das Bundesverfassungsgericht in Sachen Kinderförderungsgesetz Sachsen-Anhalt. Die Klage der acht kreisfreien Gemeinden wurde zwar abgewiesen, dennoch äußern sich die Richterinnen und Richter umfassend zum Umfang der kommunalen Selbstverwaltung aus Artikel 28 Absatz 2 des Grundgesetzes.

Es ist nicht die erste Entscheidung zu dem im Januar 2013 in Kraft getretenen und seitdem heftig umstrittenen Gesetz. So erklärte das Landesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 25. Oktober 2015 Teile des Gesetzes für verfassungswidrig und forderte den Gesetzgeber auf, bis Ende 2016 nachzubessern.

Dabei sollte das Anfang 2013 verabschiedete Gesetz ein großer Wurf werden und Probleme des seit 2003 geltenden Kinderförderungsgesetzes lösen. Der Personalschlüssel wurde verbessert. Die Leistungsverpflichtung ging von den Gemeinden auf die Landkreise und kreisfreien Städte über. Für freie Träger wurde der in der Praxis kaum zu erbringende Eigenanteil von 5% gestrichen, die Finanzierung für sie sollte künftig durch Entgeltvereinbarungen mit dem Jugendamt, im Benehmen mit der Gemeinde geregelt sein. Um einen Anstieg der Elternbeiträge zu begrenzen, wurde der Finanzierungsanteil der Eltern auf 50% begrenzt. Das Bildungsprogramm „Bildung elementar“ wurde gesetzlich verankert und die Träger von Kindertageseinrichtungen zu einem Qualitätsmanagement verpflichtet. Auch mussten künftig alle Träger nachweisen, dass sie ihre Beschäftigten nach einem Tarifvertrag vergüten. Erreicht werden sollten bessere Betreuungsbedingungen für Personal und Kinder bei gleichzeitiger Kostentransparenz.

Doch gut gemeint, war eben nicht gut gemacht. Die Begrenzung der Elternbeiträge auf 50% des gemeindlichen Defizits erwies sich als kontraproduktiv. Fast alle Gemeinden hatten in der Vergangenheit lediglich 15% bis 30% der Kosten auf die Eltern umgelegt. Die neue Regelung rief für die in Haushaltskonsolidierung befindlichen Gemeinden die Kommunalaufsicht auf den Plan. Erhebliche Anhebungen von Elternbeiträgen wurden angekündigt, die Eltern liefen dagegen Sturm, so dass das Innenministerium schließlich die Notbremse ziehen musste. Das Landesverfassungsgericht befand zudem diese Regelung für verfassungswidrig, weil für die Gemeinden damit eine Finanzierungspflicht von 50% begründet wurde, im Gegenzug aber keine Gegenfinanzierung durch das Land erfolgte (Konnexität).

Ebenso wegen fehlender Kostendeckungsregelungen nicht mit der Verfassung vereinbar befand das Landesverfassungsgericht den Wegfall des 5% Finanzierungsanteils der freien Träger und die Erhöhung der Qualitätsstandards.

Gleichzeitig stiegen die Kosten der Kinderbetreuung erheblich an. Das war zum einen dem Umstand geschuldet das erfreulicherweise wieder mehr Kinder geboren wurden, zum anderen aber hatten auch Tariftreueverpflichtung und gut verhandelte Entgeltvereinbarungen ihre Auswirkungen.

Auf das Landesverfassungsgerichtsurteil reagierte die Landesregierung im September 2016 zunächst mit Geld und hob die Pauschalen nochmals an. Die Mittel aus dem vormaligen Bundesbetreuungsgeld sollten die Gemeinden in die Lage versetzen, den Anstieg der Elternbeiträge zu deckeln. Ansonsten legte die Landesregierung die Hände in den Schoß und wartete auf das Urteil aus Karlsruhe.

Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE

Dass man mit Geld alleine die Probleme der Kinderbetreuung in Sachsen-Anhalt nicht lösen könne, meinte die Fraktion DIE LINKE und legte am 30 Mai 2017 einen eigenen Entwurf zur Novellierung des Kinderförderungsgesetzes vor, in welchem sie eine neue Finanzierungssystematik vorschlug.

Dabei wird erstmalig auch die Gesamtverantwortung für die Finanzierung nicht wie bisher bei den Gemeinden, sondern bei den Landkreisen angesiedelt. Mit dem Vorschlag, endlich auch die Finanzierungsverantwortung in die Hand der Landkreise zu geben, werden die Probleme, die sich aus dem Auseinanderfallen von Finanzierungsverantwortung und Leistungsverpflichtung bzw. Finanzierungsverantwortung und Vertragspartner der LEQ-Vereinbarungen gelöst und die Interessenkonflikte, die sich aus der Doppelfunktion als Einrichtungsträger und Leistungsverpflichteter ergeben, aufgehoben. Alles in der Hand der Landkreise und kreisfreien Städte ist das Regelungssystem, das am unmittelbarsten die Regelungen des SGB VIII umsetzt und keine Interessenkonflikte zwischen verschiedenen Verwaltungsebenen erzeugt. Außerdem gilt: Wer die Entgeltvereinbarung verhandelt bezahlt diese dann auch. Letztlich entstehen auf diesem Wege die größten Synergien bei der Umsetzung des Kinderförderungsgesetzes.

Mit dem Gesetz wird eine Umstellung der bisherigen Finanzierung von einem Zuweisungssystem über Kindpauschalen hin zu einer anteiligen Personalkostenförderung beabsichtigt. Damit würden unter anderem künftige Tarifsteigerungen unmittelbar erfasst. Auch bei der Erweiterung der personellen Ausstattung zur Verbesserung der Qualität der pädagogischen Arbeit und zur Umsetzung des Bildungsprogramms ließe sich so die Konnexität unmittelbar abbilden.

Der Gesetzentwurf wurde von der Mehrheit des Landtages in die Ausschüsse verwiesen und harrt dort der weiteren Beratung.

Gesetzentwurf der Landesregierung

Nach Evaluierung des Kinderförderungsgesetzes und Hinweisen und Empfehlungen des Landesrechnungshofes, legte die Landesregierung am 18. Oktober 2017 den Entwurf eines vierten Gesetzes zur Änderung des Kinderförderungsgesetzes vor.

Der Gesetzentwurf beschränkt sich auf die Änderung der vom Landesverfassungsgericht verworfenen Regelungen des § 12b und die daraus folgenden Änderungen sowie auf die Bereinigung von Regelungen, die sich auf die Jahre 2013 bis 2017 beziehen und insoweit gegenstandslos geworden sind. Zudem erfolgt eine Anpassung der Landeszuweisungen ab dem 01.01.2018 und der Ausgleichspauschale in § 13 Absatz 5. Der Mehrbedarf an Haushaltsmitteln auf Grund dieses Gesetzes beläuft sich für das Jahr 2018 auf insgesamt 30.598.578,40 Euro.

In keiner Weise ging der Entwurf die in Evaluierung und Anmerkungen des Landesrechnungshofes aufgezeigten strukturellen Probleme an. Grund dafür war das sich noch in Schwebe befindliche Verfahren beim Bundesverfassungsgericht. Mit seinem Urteil vom 21. November 2017, ist zumindest dieser Hinderungsgrund weggefallen. Bleibt eine tiefe Uneinigkeit innerhalb der Kenia-Koalition, mit der einer wirklichen strukturellen Veränderung immer wieder ein Bein gestellt wird.

Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 21. November 2017, 2 BvR 2177/16

Urteil des Landesverfassungsgericht vom 20. 10.2016, LVG 2/14

Gesetzentwurf Fraktion DIE LINKE, Drucksache 7/ 1435

Evaluierung des Gesetzes zur Förderung und Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege des Landes Sachsen-Anhalt, Drucksache 7/1855

Hinweise und Empfehlungen des Landesrechnungshofes zur Evaluation des Kinderförderungsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (KiFöG)

Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 7/1991