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Kommunalpolitisch relevante Themen zur Landtagssitzung im November 2020

Am 19. und 20. November 2020 tagte der Landtag von Sachsen-Anhalt. Auch hier gab es wieder Themen auf der Tagesordnung, die von kommunalpolitischer Relevanz sind. Für weitere Informationen, Redebeiträgen, Drucksachen und Abstimmungsergebnissen möchten wir auf die Webseite des Landtages verweisen, wo ihr die einzelnen Tagesordnungspunkte noch einmal nachlesen und nachhören könnt.

Antrag „Feststellung einer landesweiten pandemischen Lage nach § 161 Abs. 2 Satz 2 KVG“ (Drs. 7/6845)

Auf Antrag der Fraktionen von CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN soll der Landtag von Sachsen-Anhalt aufgrund der sich ausbreitenden Pandemie SARS-CoV-2 eine landesweite pandemische Lage feststellen, damit die Sonderregelungen aufgrund des vom Landtag am 14. Oktober 2020 beschlossenen Gesetzes zur Änderung des Kommunalverfassungsgesetzes und wahlrechtlicher Vorschriften in Anwendung gebracht werden können. Die Feststellung soll für drei Monate gelten.

Mit der Feststellung einer landesweiten pandemischen Lage nach § 161 Abs. 2 Satz 2 KVG werden den Kommunen zur Sicherstellung ihrer Arbeitsfähigkeit zusätzliche Handlungsoptionen eröffnet. Um Kontakte zu vermeiden können die kommunalen Vertretungen und ihrer Ausschüsse sowie Ortschaftsräte gemäß § 56a Abs. 2 bis 6 KVG notwendige Sitzungen per Videokonferenz anstelle von Präsenzsitzungen durchführen und unter Zustimmung von vier Fünftel der Mitglieder über Verhandlungssachen im schriftlichen oder elektronischen Verfahren abstimmen. Stellt der Landtag eine landesweite Notlage fest, so kann das Innenministerium die Kommunen auch von einer Reihe von haushaltsrechtlichen Verpflichtungen freistellen, mit dem Zweck der Sicherung der kommunalen Haushaltsaufstellung und Haushaltsführung.

Weiteres entnehmt ihr bitte dem Gesetzes- und Verordnungsblatt Nr. 39 vom 09. November 2020.

Dem Antrag wurde mehrheitlich mit den Stimmen der Koalition zugestimmt. Unsere Fraktion hatte sich bei der Abstimmung enthalten. Wir haben Vorbehalt, da bereits auch mit Zustimmung des Landkreises als Kommunalaufsichtsbehörde eine Abweichung gemäß § 56a Abs. 1 KVG und somit Videokonferenzen anstelle einer Präsenzsitzung durchgeführt werden können. Ein Beschluss des Landtages wäre in dieser Hinsicht nicht von Nöten. Letztlich obliegt die Entscheidung den Kommunen, in welcher Form sie tagen.

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Landesversammlungsgesetzes und von Zuständigkeiten für die Aufgaben nach dem Versammlungsrecht (Drs. 7/6832) – erste Beratung

Nach elf Jahren plant die Landesregierung Veränderungen am Landesversammlungsgesetz, basierend auf den praktischen Erfahrungen der Versammlungsbehörden und der Polizei bei der Umsetzung des Gesetzes. Dies umfasst u.a. eine Ausweitung des Uniformierungsverbotes. Kritisch ist die vorgeschlagene Regelung eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung als Auffangtatbestand für Verbote und Beschränkungen von Versammlungen einzuführen.

Auch wenn wir die vorgeschlagenen Änderungen ablehnen, so wollen wir uns nicht der Beratung verweigern und haben einer Überweisung in den Ausschuss für Inneres und Sport für weitere Beratungen zugestimmt.

Entwurf eines Agrarstrukturgesetzes Sachsen-Anhalt – ASG LSA (Drs. 7/6804) – erste Beratung

Das von den Fraktionen von CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachte Gesetz soll der Abwehr von Gefahren und erheblichen Nachteilen für die Agrarstruktur und damit für den ländlichen Raum dienen. Das Gesetz mach deutlich, dass neben der Landwirtschaft auch die Forstwirtschaft zur Agrarstruktur gehört. Agrarstrukturelles Ziel sei insbesondere die Gewährleistung leistungsfähiger Unternehmen der Landwirtschaft und ein Vorrang der Landwirte beim Erwerb von Grundeigentum. Dieses Gesetz soll weiterhin der Sicherung der Funktionsfähigkeit ländlicher Räume, insbesondere der Sicherung der Wertschöpfung im ländlichen Raum, dienen.

Insgesamt bietet der Gesetzentwurf ein paar gute Ansätze, so die Einrichtung eines Bodenfonds und die Einbeziehung der Anteilskäufe in die Genehmigungspflicht. Allerdings geht der Gesetzentwurf aus unserer Sicht nicht weit genug und öffnet an der einen oder anderen Stelle Hintertürchen, die wiederum den eigentlichen Zielen zuwiderlaufen. Da gilt es genau hinzuschauen.

Für uns sind einige wesentliche Punkte das Vorkaufsrecht für Landwirte aus Sachsen-Anhalt und deren Stärkung, die Streuung des Bodeneigentums sowie Verhinderung weiterer wettbewerbsschädlicher Konzentrationen am Bodenmarkt, Höchstgrenzen für den Erwerb und die Pacht von Flächen und eine Deckelung der Kauf- und Pachtpreise und die Genehmigungspflicht für den Kauf von Unternehmensanteilen.

Aus diesen Gründen haben wir einer Überweisung zur weiteren Beratung in den Ausschuss für Landwirtschaft und Forsten (federführend) und den Ausschuss für Finanzen (mitberatend) zugestimmt.

Antrag „Kahlschlag für die Kunst- und Veranstaltungsbranche abwenden!“ (Drs. 7/6836)

In den vergangenen Monaten hat die Kultur- und Kreativbranche mit Hygienekonzepten, Anschaffung von Lüftungsanlagen, Umstellung der Ticketing-Systeme, reduzierten Spielbetrieb u.v.m. dazu beigetragen, den Bürger*innen auch in Pandemiezeiten ein kulturelles Angebot zu unterbreiten. Diese Angebote waren oft nicht kostendeckend. Förderungen des Bundes oder des Landes gingen an der Lebensrealität der Kulturschaffenden vorbei und waren für die meisten Beschäftigten nicht zugänglich. Soloselbstständige und Unternehmen ohne relevante Betriebskosten konnten kaum profitieren. Eine sofortige Überbrückung für die Kultur- und Kunstbranche sowie Club- und Diskotheken-Betreiber*innen ist deshalb existentiell notwendig. Es braucht, über die Bundesprogramme hinaus, auf die Bedarfe der Kunstschaffenden zugeschnittene Maßnahmen. Der Antrag unterstützt die Bemühungen, Landeshilfen für die Veranstaltungsbranche einzurichten.

Unser Antrag wurde für die weitere Beratung in den Ausschuss für Bildung und Kultur (federführend) sowie den Ausschuss für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung (mitberatend) überwiesen.

Entwurf eines Ausführungsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt zu Art. 252 Abs. 5 und Art. 253 §§ 2 und 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB-AG LSA) (Drs. 7/6803) – erste Beratung

Die Gemeinden sind gemäß der Verordnung über die Regelung von Zuständigkeiten im Immissionsschutz-, Gewerbe- und Arbeitsschutzrecht u. a. für gewerberechtliche Untersagungs- und Erlaubnisverfahren sowie die Überprüfung des Fortbestandes von bestimmten gewerberechtlichen Erlaubnisvoraussetzungen zuständig. Daher sei es sachgerecht, auch die behördlichen Aufgaben zum Vollzug nach Artikel 252 Abs. 5 und Artikel 253 §§ 2 und 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch den Gemeinden zu übertragen. Der Gesetzentwurf der Landesregierung sieht vor, dass Gemeinden zukünftig dem Bundesamt für Justiz in Fragen und Problemen rund um die Absicherung von Reisevermittlern und Reiseveranstaltern zum Schutz seiner Kunden. Die Fachaufsicht über die Gemeinden als untere Verwaltungsbehörde sollen die Landkreise sein.

Der Gesetzentwurf wurde ohne Debatte in den Ausschuss für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung (federführend) sowie den Ausschuss für Inneres und Sport (mitberatend) überwiesen.

 

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Abfallgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (AbfG LSA) (Drs. 7/6833) – erste Beratung

Unser Gesetzesentwurf sieht vor, dass die öffentliche Hand bei Auftragsvergaben dazu verpflichtet wird, dass Auftragnehmer nur Materialien verwenden, die rohstoffschonend und schadstoffarm hergestellt wurden und sich nach Gebrauch in besonderem Maße zur umweltverträglichen, insbesondere energiesparenden Wiederverwendung oder zum Recycling eignen. Darüber hinaus sollen laut Gesetzentwurf nur noch Abfälle nach Sachsen-Anhalt verbracht werden dürfen, wenn deren beabsichtigte Verbringung in Bezug auf Menge und vorgesehener Entsorgungsanlage den Zielen des Abfallwirtschaftsplans des Landes nicht entgegenstehe.

Der Gesetzentwurf wird in den Ausschuss für Umwelt und Energie (federführend) sowie in die Ausschüsse für Inneres und Sport, für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung und für Finanzen (mitberatend) überwiesen.

Antrag „Schulentwicklungsplanung an den Erfordernissen des Landes ausrichten“ (Drs. 7/6753)

Mit der neuen Verordnung zur Schulentwicklungsplanung wird dem Grundsatz, ein regional ausgeglichenes und leistungsfähiges Schulangebot zu schaffen, nicht mehr ausreichend Rechnung getragen. So ist aufgrund geänderter Planungsvorgaben nicht gesichert, dass in allen Landesteilen ein ausgeglichenes Netz öffentlicher Grundschulen erhalten werden kann. Der Wegfall der bisherigen Sonderregelungen für die Bestandsfähigkeit von Grundschulen in den dünn besiedelten Regionen des Landes wird nicht durch die Möglichkeit der Bildung von Grundschulverbünden aufgefangen. Darüber hinaus wird die Errichtung neuer Schulen, die infolge steigender Schülerzahlen erforderlich werden, erschwert. Schulträger werden dadurch gehindert, angemessen auf steigende Schülerzahlen zu reagieren und eine Überlastung der Schulstandorte und Verschlechterungen der Lehr- und Lernbedingungen zu vermeiden. Dementsprechend sieht unser Antrag eine Reihe von Anpassungen vor.

Der Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt.

Antrag „Digitalisierungsstandards in Medizin und Pflege den aktuellen Erfordernissen anpassen“ (Drs. 7/6834) – erste Beratung

Die Beratungen der Enquetekommission „Die Gesundheitsversorgung und Pflege in Sachsen-Anhalt konsequent und nachhaltig absichern!“ hat offengelegt, dass die Kommunikation zwischen den Kliniken derzeit nicht funktioniert, es Mängel in der Koordination und keine gemeinsamen Standards gibt. In der digitalen Agenda des Landes sind Gesundheit, Medizin und Pflege Nebenschauplätze.

Mit unserem Antrag fordern wir die Überarbeitung der digitalen Agenda des Landes im Bereich „Gesundheit, Medizin und Pflege“ mit dem Ziel, einheitliche Standards und konkrete Strategien zur Umsetzung zu benennen sowie die daran beteiligten Akteure aufzuzeigen. Die Landesregierung soll ein „Landeszentrum für Digitalisierung in der Gesundheitsversorgung“ einrichten, das als Dachstruktur die Digitalisierung in Pflege und Medizin in Form eines wissenschaftsgeleiteten und evidenzbasierten Entwicklungsprozesses koordiniert.

Unser Antrag wurde zur weiteren Beratung in den Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration (federführend) sowie in den Ausschuss für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung (mitberatend) überwiesen.

Antrag „Soforthilfeprogramm für Sachsen-Anhalts Apotheken“ (Drs. 7/6835) – erste Beratung

Laut Apothekerkammer und Landesapothekerverband sind 121 Apotheken von der Insolvenz des Rezeptabrechners AvP betroffen. Besonders Apotheken im mittleren und südlichen Sachsen-Anhalt sind betroffen, davon 19 in den Oberzentren, 20 in den Mittelzentren und 33 im ländlichen Raum. Diese alarmierende Situation – sowohl für die Apotheken als auch im Hinblick auf die Sicherung der Daseinsvorsorge im ländlichen Raum – macht ein schnelles Handeln der Landesregierung unabdingbar. Mit unserem Antrag fordern wir die Landeregierung, ein Soforthilfeprogramm für die betroffenen Apotheken erarbeiten, dass sowohl das unbürokratische Ausreichen zinsloser Kredite beinhaltet als auch die Begleitung des Insolvenzprozesses des Rezeptabrechners durch die Landesregierung einschließt. Des Weiteren fordern wir die Landesregierung auf, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass im § 300 SGB V die insolvenzfeste Verwaltung der Fremdgelder durch die Abrechnungszentren festzuschreiben.

Unser Antrag wurde abgelehnt.